(Leserbrief, gesendet an die BZ am 15.10.2025)
Wir werden die Platanen nicht vor Baubeginn fällen! Das versprach Landrat Hurth dem Kreistagsabgeordneten Rüdiger Tonojan in die Hand, womit er allerdings seinen Antrag, dies im Kreistag abstimmen zu lassen, abwürgte.
Vorher gab es eine umfangreiche Fragestunde zu Beginn der Kreistagssitzung zum TOP 4 der Tagesordnung, dem nochmals von der Kreisverwaltung eingebrachten Antrag zum Bau eines Schülerparkhaus an der Weinstockstraße auf dem Gelände der GHSE. Es sollte darüber abgestimmt werden, das Parkhaus eine Ebene niedriger zu bauen, womit die Stellplatzanzahl von 210 auf 187 reduziert würde. An der Überbreite der Stellplätze von 2,70 m, damit auch SUV dort parken können, ändert der Antrag nichts.
Die Fragestunde nahmen etliche Bürger_Innen zum Anlass, ihrer Sorge Ausdruck zu verleihen und das Parkhaus in der geplanten Form in Frage zu stellen.
– Es gab eine Umfrage aus der Bürgerschaft (und nicht von den Verantwortlichen!) unter den Schülern: Die große Mehrheit will keine Parkgebühr bezahlen. Wie soll die Wirtschaftlichkeit des Parkhauses ohne diese Einnahmen sicher gestellt werden?
– Für Anwohnerstellplätze sind die Zeiträume, in denen sie ihr Fahrzeug dort parken dürfen, unattraktiv. Wer will schon sein Auto dort um sieben Uhr morgens wegfahren müssen?
– Für Innenstadtbesucher ist es zu weit entfernt. Dort wird kaum jemand das Auto für Abendveranstaltungen abstellen, ebenso wenig am Wochenende. Zudem hat die Stadtverwaltung festgestellt, dass es ohnehin ausreichend Parkplätze in Innenstadtnähe gäbe. Wie also soll das Parkhaus ausgelastet und damit der erwartete Beitrag zur Finanzierung geleistet werden?
– Eine Auswertung der auf dem Schotterplatz geparkte Fahrzeuge ergab, dass unter vielen Kleinwagen und einigen Mittelklasseautos genau ein SUV zu finden war, wozu also die überbreiten Stellplätze?
– Bei der von Landrat Hurth und OB Schlatterer immer wieder beschworenen desolaten Finanzlage von Stadt und Kreis, scheint es fraglich, dies vom Nutzen her unsichere Projekt überhaupt anzugehen. Die Reduzierung der Stellplatzanzahl verringert zwar die Baukosten, die berechnete Deckungslücke erhöht sich allerdings auf 11.619.110 € bei einer Kreditlaufzeit von 30 Jahren, was einer Belastung von 387304 € pro Jahr entspricht. Bei 20 Jahren Kreditlaufzeit sind weit über eine halbe Million Euro pro Jahr fällig.
Diese Beträge nähern sich aber stark der Variante B an, bei der die sieben 50 – 60 Jahre alten Platanen erhalten bleiben. Warum wird diese Variante weiterhin kategorisch abgelehnt?
– In früheren Überlegungen und Vorstellung des Parkhausprojekts wurde den Anwohnern und auch den Kreistagsmitgliedern das Parkhaus unter Erhalt der Platanen präsentiert. Es ging dabei auch um Sichtschutz für die Anwohner, denen nicht ein solcher Klotz vor die Nase gesetzt werden sollte. Wie will man dies nun sicher stellen?
– Wer in der Weinstockstraße in Bereich der GHSE an heißen Tagen einen Spaziergang unternimmt, spürt es hautnah: Es ist viel angenehmer und kühler unter den Bäumen. Die Auswirkung auf das Kleinklima vor Ort ist sehr groß mit diesen mehr als ein halbes Jahrhundert alten Bäumen, sie bilden an heißen Tagen eine Oase. Ersatzmaßnahmen werden erst nach Jahrzehnten Wirkung zeigen, wenn sie überhaupt erfolgreich sind. Überall in der Stadt finden sich kümmernde Bäumchen, die aus vielen Gründen nicht in die Gänge kommen. Eine sehr wichtige Frage also: Wurden bei der Planung des Parkhauses in ausreichendem Umfang – wie gesetzlich verankert – die Auswirkungen auf den Klimaschutz, insbesondere aber auch auf die Klimaanpassung berücksichtigt?
– Auch Fragen aus der Petition Stadtgrün statt Parkhausgrau für Emmendingen! https://www.openpetition.de/petition/online/stadtgruen-statt-parkhausgrau-fuer-emmendingen wurden verlesen. Die Petition ist weiterhin zum Mitzeichnen geöffnet. Es wird auch noch weitere Aktionen geben.
Der TOP 4 wurde auch von den Kreistagsabgeordneten umfassend diskutiert. Hier ist besonders ein Antrag der Grünen hervorzuheben, der eine Neuplanung des Parkhauses unter Erhalt der Platanen und mit viel geringeren Kosten vorschlägt. Bei dieser Low-Cost Variante wäre eine Kostenreduzierung für einen Stellplatz von weit über 20.000 € auf ca. 5.000 € möglich.
Enttäuschend: All die Fragen und Argumente wurden nicht ernsthaft in Betracht gezogen. Trotz der desolaten Finanzsituation sei es wichtig, wirtschaftlich voran zu kommen, so kommentierte Landrat Hurth. Fragt sich, bei den Unsicherheiten, wem das hier wirklich nützt. Und ob Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen heute nicht viel stärker ins Gewicht fallen müssen. Eine Verkehrswende zukunftsfähig denken, hin zu weniger Individualverkehr und mehr ÖPNV, Bildung von Fahrgemeinschaften, aber auch autonome Fahrdienste, die Parkplätze mehr und mehr überflüssig machen werden, weil die Fahrzeuge ständig unterwegs sind, das würde die Wirtschaft tatsächlich voran bringen.
Letztendlich wurde vom Kreistag der Vorschlag der Verwaltung angenommen. Ein Tag der Trauer für diejenigen, die sich für den Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen einsetzen, auch wenn die Platanen noch eine versprochene Gnadenfrist haben.
Reinhard Habichtsberg
Klimafitinitiative Emmendingen
